Modulare Maschinen

Warum Maschinen modular aufbauen?

Der Kerngedanke der Modularität im Maschinenbau ist, komplexe Maschinen in Module zu unterteilen, so dass diese mit einer steigenden Anzahl an Gleichteilen individuell zusammengestellt werden können.  Die Varianz an Maschinentypen wird durch die Kombinationen dieser Module abgebildet. Aufgrund der so erzielten Skaleneffekte lassen sich modulare Maschinen schneller und kosteneffizienter fertigen. Zudem können sie schneller in Betrieb genommen und flexibler erweitert werden. 

Damit sich die Einheiten einfach und schnell miteinander kombinieren lassen, benötigt man standardisierte Schnittstellen: mechanisch, aber auch zur Übertragung von Leistung, Kommunikation und ggf. Druckluft. Modularität ist keine Eigenschaft, die sich mit kategorischem Ja, Nein beantworten lässt. Sie folgt vielmehr einem Verlauf von geringer bis zu absoluter Modularität.

Dezentrale Automatisierung fördert Modularisierung

Mit Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung im zentralen Schaltschrank ist eine konsequente Modularisierung nicht möglich. Der Tausch eines Moduls oder die Erweiterung einer Maschine werden durch diese zentralen Strukturen erschwert. Maschinenmodule benötigen autarke Strukturen. Diese können in kleinen Vor-Ort-Schaltkästen am Modul mit IP20-Komponenten realisiert werden.

Aus mehreren Teilen zusammengesetzte modulare Maschine mit dezentralen I/O-Komponenten in IP67

Dezentrale I/O-Module in IP67 erleichtern Interkonnektivität und minimieren den Verdrahtungsaufwand


Allerdings sind Verdrahtung und Installation meist aufwendiger als bei Komponenten in Schutzart IP67, die sich ohne weitere Schutzmaßnahmen direkt an der Maschine montieren lassen. Wenn jedoch bestimmte Komponenten nicht in IP67 vorliegen oder besondere Anforderungen an hygienisches Design, Nahrungsmittelkonformität oder Chemiefestigkeit gestellt werden, so kommt man an IP20-Lösungen im Schutzgehäuse oft nicht vorbei.

Automatisierungskomponenten in IP67 erleichtern die Interkonnektivität von Modulen. Dezentrale I/O-Komponenten zur Montage direkt im Feld erlauben es, Signale direkt am Ort der Entstehung am Modul einzusammeln und per Ethernet-Verbindung von Modul zu Modul zu koppeln – ganz ohne Schaltschrank. Das spart Installationskosten und verkürzt Inbetriebnahmezeiten beim Endkunden.

IP67-Spanner übersetzen zwischen Ethernet-Protokollen

Maschinen und Module mit unterschiedlichen Ethernet-Protokollen können über sogenannte Spanner direkt im Feld mit minimalem Aufwand gekoppelt werden. Durch die Nutzung von marktüblichen Kommunikations-Standards gestalten sich Inbetriebnahmen und Interkonnektivität leicht und effizient. Das gilt für modularen Maschinenbau in besonderem Maße.

Drei graue stilisierte Maschinen stehen je auf einem Feld mit dem Logo der Ethernet-Protokolle Profinet, Ethernet/IP und Modbus TCP

Vereinfachte Internationalisierung: Spanner übersetzen zwischen Ethernet-Protokollen

Dezentrale Safety-Konzepte

Auch Anwendungen, die eine sichere Automatisierung benötigen, lassen sich in einer modularen Aufbaustrategie planen und umsetzen. So kann mit dem gleichen Konzept der Energie- und Datenversorgung auch jedes sichere Signal von Sensoren oder Not-Aus-Schaltern einfach und effizient eingesammelt werden.

Skizze zeigt den schematischen Aufbau einer Sicherheitsapplikation mit HMI, , Ethernet-Verbindungsleitungen, Icons für Sicherheitsfunktionen und I/O-Modulen zur Anbindung derselben

Die Safety-Module steuern für jedes Modul Sicherheitsfunktionen während das HMI/SPS die Standard-Applikation steuert

Sicherheitsfunktionen sind auch dezentral von IP67-Safety-Controllern direkt an den Modulen steuerbar. Hohe Zykluszeiten zu zentralen Sicherheitsteuerungen werden so vermieden, was letztlich geringere Sicherheitsabstände an der Maschine ermöglicht. Weitere Vorteile dezentraler Safety-Lösungen finden Sie auf unserer Technologie-Seite zur Maschinensicherheit.

Video: Wie modulare Maschinen Flexibilität schaffen

RFID Solutions: Seamless Identification in Production and Intralogistics

Modularisierung von Steuerungslösungen

Konsequente Modularisierung erfordert auch die Verlagerung unterschiedlicher Steuerungsfunktionen ins Maschinenmodul. Diese Funktionen können entweder von I/O-Systemen mit integrierter Logiksteuerung ausgeführt werden oder von echten Kompakt-SPSen. Beide Produktgruppen, sowohl I/O-Module als auch Steuerungen, können in IP20 in Schaltkästen ausgelegt werden oder als IP67-Variante zur Montage direkt im Feld – wobei die schaltschranklose Variante in IP67 deutliche Vorteile in puncto Verdrahtung und Flexibilität bietet. Ausgelagerte Sicherheitslogik im I/O-Modul kann noch weitere Vorteile bieten, beispielsweise die schnelle Ausführung von Sicherheitsfunktionen oder eine insgesamt günstigere Sicherheitsarchitektur, da keine zentrale Sicherheitssteuerung oder F-CPU benötigt wird.

Die Controller vor Ort kommunizieren zur Kontrolle, Dokumentation oder Visualisierung mit übergeordneten Steuerungen oder HMIs. Die Auswahl der passenden Steuerungslösung erfolgt abhängig von Art und Dimension der Maschine. Überdimensionierte Steuerungslösungen lassen sich so vermeiden. Der Aufwand für den Anwender bleibt minimal, während die Effizienz der Maschine steigt. Da das Logikmodul vor Ort die Daten bereits vorverarbeitet, müssen nur noch relevante Prozessinformationen an übergeordnete Steuerungen übermittelt werden. 
 

Intelligenz in die Feldebene verlagern

Die Verlagerung von Intelligenz ins Feld muss Software-seitig im Engineering abgebildet werden. Die Maschinenmodule verarbeiten als autarkes System die Inputs benachbarter Module und ermitteln daraus ihre Aktionen. Je nach Komplexität eines Moduls kann dies von I/O-Komponenten mit logischen Funktionen oder von Feld-SPSen geleistet werden. An der Schnittstelle zwischen zwei Maschinenmodulen wird dann nur die fürs Nachbarmodul notwendige Information übertragen.

Links eine dreieckige Grafik der Automatisierungspyramide in fünf Schichten, in der Mitte die dreieckige Grafik mit ikonischen Maschinenfunktionen, auf der rechten Grafik sind  Maschinenfunktionen frei miteinander verbunden

Dezentralisierte Intelligenz bricht die starren Strukturen der klassischen Automatisierungpyramide auf

Die Verlagerung von Software-Funktionen kann viele Vorteile bieten:

  • Entlastung der Haupt-Kommunikationsverbindung
  • Entlastung der Hauptsteuerung – bis hin zum vollständigen Ersatz
  • Modul-Tests vor Inbetriebnahme und Verkettung
  • Modulintegration von Drittherstellern wird erleichtert, da die zentrale Steuerung unverändert bleiben kann
  • Einfache Anlagenerweiterung 

Je konsequenter Maschinen modularisiert und Intelligenz dezentralisiert wird, desto stärker gerät dabei die rigide Struktur der Automatisierungspyramide ins Wanken. Die Hierarchien werden insbesondere auf der Sensorik/Aktorik- sowie der I/O- und Steuerungsebene durchlässiger.

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